Das Pflichtteilsrecht ist ein Begriff aus dem Erbrecht und soll den nächsten Angehörigen eines Verstorbenen einen Mindestanteil am Nachlass sichern. Dieses Pflichtteilsrecht besteht grundsätzlich: Auch wenn der Erblasser als letzten Willen äußert, dass sein Erbe an jemand anders gehen soll, haben die nächsten Angehörigen, sofern vorhanden, prinzipiell einen Rechtsanspruch auf ein Mindesterbe. Mit nur wenigen Ausnahmen.
Wer bekommt wovon wie viel?
Anspruchsberechtigt sind zunächst Ehegatten, Kinder und Enkelkinder des Erblassers. Der Anspruch eines Ehegatten erlischt jedoch, wenn die Ehe als gescheitert gilt oder geschieden wurde. Kinder, eheliche sowie nicht eheliche und adoptierte, haben ebenfalls Anspruch auf einen Pflichtteil; nicht jedoch Stiefkinder. Sind keine Kinder vorhanden oder wurde ihnen diesen der Pflichtteil verwehrt, so treten die Enkelkinder des Verstorbenen an ihre Stelle. Eltern sind nur dann pflichtteilsberechtigt, wenn es keine Kinder, Enkelkinder und Ehegatten (mehr) gibt.
Die Höhe
Der Pflichtteil beträgt grundsätzlich 50 % des gesamten gesetzlichen Erbes. Wie dieser sich jedoch auf die Anspruchsberechtigten aufteilt, unterliegt einigen komplexen Bestimmungen, welche im Pflichtteilsrecht genauestens geregelt sind und, beispielsweise durch die Rechtsanwälte Schnell & Kollegen GdbR, beraten wird. Verstirbt beispielsweise der verheiratete Vater von zwei Kindern, ohne ein Testament zu hinterlassen, gehen 50 % des Nachlasses zunächst an die Witwe. Die anderen 50 % gehen - zu gleichen Teilen - auf die Kinder über; jedes Kind erhält somit 25 % des Nachlasses. Setzt der Verstorbene jedoch als Alleinerbin seine Frau ein und die Kinder machen ihre Pflichtteilsansprüche geltend, so beträgt die Pflichtteilsquote für die Kinder jeweils 50 % der halben Erbsachen; also nicht 1/4 des gesamten Erbes, sondern 1/8.
Ausschlussgründe
Einen Angehörigen zu enterben, ist juristisch kein einfaches Unterfangen und nur unter Angabe von triftigen Gründen möglich. Die Enterbung, weil man beispielsweise die Adoptivtochter der Partnerin, die sie aus der vorherigen Partnerschaft mitbringt, nicht leiden kann, ist nicht durchsetzbar. Gründe für eine rechtskräftige Enterbung sind beispielsweise grober Undank und ein überaus verschwenderischer Lebensstil. Eine Enterbung soll hier verhindern, dass ein verschwenderischer Nachfahre mit dem Nachlass einen Lebensstil pflegt, der wiederum seinen eigenen Nachkommen Schulden oder Schaden verursacht.
Weiters gibt es vier gesetzlich definierte Kategorien, die eine Enterbung begründen. So etwa, wenn der Anspruchsberechtigte dem Erblasser oder einem anderen Anspruchsberechtigten nach dem Leben trachtet - oder sich eines Verbrechens oder schweren Vergehens gegenüber einer dieser Personen schuldig macht. Auch die böswillige Verletzung der Unterhaltspflicht gegenüber dem Erblasser begründet eine Aberkennung des Pflichtteilsrechts. Die letzte Kategorie, die zu einem Wegfall des Anspruchs führt, ist eine Verurteilung des Anspruchsberechtigten zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr, welche nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde. Darüber hinaus kann ein Erbe natürlich freiwillig auf das Erbe verzichten; etwa weil schon der Erblasser verschuldet war und der Erbe diese Schulden nicht übernehmen möchte.
14 Juli 2023
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